Dienstag, 11.09.2018

Altersvorsorgepflicht für Selbstständige

Die IT-Projektgenossenschaft setzt sich seit Jahren aktiv für mehr Rechtssicherheit ihrer Mitglieder und Kunden ein. Am Montag standen erstmals seit der Bundestagswahl wieder „echte“ Termine im Berliner Politikbetrieb an. Die Bundestagsfraktion der CDU/CSU veranstaltete eine Expertenanhörung zum Thema „Altersvorsorgepflicht für Selbstständige“. Und das Bundesarbeitsministerium hatte zum „Zukunftsdialog Neue Arbeit – Neue Sicherheit“ eingeladen. Da außer uns noch einige andere Verbände der bagsv (Bundesarbeitsgemeinschaft Selbständigenverbände) eingeladen waren, teilten wir uns auf. Wir waren neugierig auf den neuen Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und die Fortsetzung des Dialogprozesses „Arbeiten 4.0“ des Arbeitsministeriums, an dem die IT-Projektgenossenschaft in der letzten Legislaturperiode aktiv mitgewirkt hatte.

Wir hatten es damals zusammen mit anderen Verbänden und Genossenschaften geschafft, als Selbständige neben Gewerkschaften und Arbeitgebern gehört zu werden, und wir hatten das Problem „Scheinselbständigkeit“ zurück auf die Agenda des Arbeitsministeriums gebracht. Geholfen hatte uns dabei das Charisma und politische Geschick von Dr. Andreas Lutz (VGSD und Sprecher der bagsv) und die Sympathie der damaligen Arbeitsministerin Nahles für unseren Genossenschaftsansatz. Nun ging es darum, Flagge zu zeigen und die in „Arbeiten 4.0“ besprochenen Schritte zu konkretisieren und in Gesetze zu gießen.

Nur haben wir Polit-Amateure die Rechnung ohne Hubertus Heil gemacht. In seiner Eröffnungsrede ging es neben schönen Feuilleton-Worten zu 90 Prozent um den Ausbau des Sozialstaats und Gewerkschaftsthemen. Freiberufler und Soloselbständige wurden in der Kategorie Störfaktor und Prekariat erwähnt, welche vom wohlsorgenden Staat vor der Verelendung gerettet und vor sich selbst geschützt werden müssten. Darum will er auch spätestens Ende 2019 alle Selbständigen in der Rentenversicherungspflicht sehen. Die Ergebnisse von „Arbeiten 4.0“ würden natürlich auch berücksichtigt. Aber zunächst müsse man in den nächsten zwei Jahren mit den Bürgern, Verbänden und Initiativen in den Dialog treten, um keine „abgehobene und bürgerferne“ Poltik zu betreiben. Es wird also weiter geredet – und weiter nichts getan. Willkommen im Hamsterrad der Politik.

Sehr viel besser lief es dagegen bei der Anhörung in der CDU/CSU Bundestagsfraktion. Unsere bagsv Kollegen konnten sowohl die Rentenproblematik als auch das Scheinselbständigkeitsthema darlegen und stießen auf Interesse. In der Rentenfrage präferieren wir ja ein Stichtagsmodell, wonach die Rentenversicherungspflicht nur für Selbständige greifen soll, die nach dem Stichtag (z.B. 1.1.2021) gründen. Schützenhilfe bekamen wir zur Überraschung der Abgeordneten hier (wie auch schon früher) von Vertretern der Deutschen Rentenversicherung BUND. Das Scheinselbständigkeitsthema war den Bundestagsabgeordneten vollkommen neu. Jana Schimke (CDU) sagte uns als Sprecherin der Abgeordneten eine Fortsetzung des Dialogs zu.

Unsere Versuche, Bundestagsabgeordnete dafür zu gewinnen, den „Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestags“ mit einer Stellungnahme zur Lesart eines Satzes aus dem Sozialrecht (SGB VI § 2 Satz 9 a und c) zu beauftragen, haben noch nicht gefruchtet. Diese Stellungnahme wäre für uns Genossenschaftler das letzte fehlende Puzzlestück zur Rechtssicherheit bezüglich Sozialversicherungspflicht. Da bleiben wir am Ball.

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